Auf den Spuren des Reallabor 131 – Teil III Soziales & Raum
Leave a CommentFast drei Jahre ist es schon her: Anfang 2015 wurde das Reallabor R131: KIT findet Stadt unter dem Dach des Rahmenprojektes Quartier Zukunft – Labor Stadt ins Leben gerufen. Im Rahmen der Förderlinie BaWü-Labs vom Ministerium für Wissenschaft und Kunst unterstützt trat es mit dem Ziel an neue Modelle für die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft zu erproben. Nach der nun fast dreijährigen Laufzeit wagen wir einen Rückblick.
Ein Beitrag von Vanessa Kügler & Helena Trenks
Über die R131-Projekte Nachhaltiger Konsum und Mobilität haben wir bereits berichtet. Weiter geht es mit dem dritten Teil unserer Blogreihe. Diesmal widmen wir uns den Aktivitäten, die sich unter dem Überbegriff „Soziales & Raum“ in den letzten Jahren in der Oststadt entwickelt haben. Zu Beginn noch als zwei einzelne R131-Projekte gestartet („Raum“ und „Soziales“), wurden schnell die vielen Zusammenhänge zwischen beiden Themen erkennbar und so haben wir sie zu einem gemeinsamen R131-Projekt verschmolzen.
Denn Freiflächen können die Vernetzung im Quartier entscheidend beeinflussen, indem sie z.B. Netzwerke fördern, Orte und Anlässe für Gemeinschaft und Kommunikation schaffen und die im Stadtteil lebenden Menschen – aller Generationen – miteinander bekannt und vertraut machen. Gerade für Gruppen, die stark auf das Nachbarschaftsumfeld angewiesen sind (z.B. Senioren, Familien), ist so ein Raum von immenser Bedeutung. Als Flächen für Sport, Spiel, Begegnung und Bewegung sind sie essentiell für die Gesundheitsförderung. Und gerade in Zeiten einer beschleunigten Gesellschaft, sind vor allem Ruheflächen ein wichtiger Gegenpol zur ständigen Mobilität in unserem Alltag. Hier können wir lernen aus der Bewegung wieder in die Ruhe zu finden – uns zu erholen. Es zeigt sich also, der Raum beeinflusst das soziale Miteinander ….und umgekehrt.
In diesem Sinne war das überordnete Ziel von „Soziales & Raum“ die öffentlich zugänglichen Räume in der Oststadt ausfindig zu machen und sie auf ihre Bedeutung und ihr Potenzial für die Begegnung und Bewegung im Stadtteil zu untersuchen.
Die Oststadt als Sozial- und Freiraum
Auch bei diesem R131-Projekt dienten die Ergebnisse des BürgerForums als Ausgangspunkt. Vor dem Hintergrund, dass unsere Städte immer größer und dichter werden, unsere Bevölkerung immer älter und bunter wird, haben sich die BürgerInnen gefragt:
Welche Bedeutung werden soziale Netzwerken in Zukunft haben ? Welchen Beitrag kann Nachbarschaft zur Lebensqualität im Quartier leisten? Welche Rolle spielt dabei der öffentliche Raum? Wie können wir in Zeiten expandierender Stadt die grünen Qualitäten des Stadtteils erhalten?
Im BürgerForum wurden vor allem die Aspekte Ruhe, Bewegung, Gesundheit und soziales Miteinander als wichtige (Lebens-)Qualitäten von Freiraum in der Nachbarschaft hervorgehoben. Diese Themen wurden dann von der R131-Projektgruppe aufgegriffen und vertieft. In einem ersten Schritt wurden die bestehenden Freiräume in einer Freiraumanalyse der Oststadt genauer betrachtet:
- Welche Freiräume gibt es?
- Wie werden diese von den BürgerInnen wahrgenommen, genutzt und bewertet?
- Welche Potentiale bieten diese Freiräume für zukünftige Nutzungen (Besonders im Hinblick auf Ruhe, Bewegung und Begegnung)?
Beobachtungen, Spaziergänge, Kartierungen, Anwohnerbefragungen und Expertengespräche halfen ein (Stimmungs-)Bild der gegenwärtigen Lage zu gewinnen. Dazu wurde auch eine „emotionale Stadtkarte“ erarbeitet. Dabei kristallisierten sich der Gottesauer Platz, das Durlacher Tor/der Bernhardusplatz, der Otto-Dullenkopf Park und die Achse Ludwig-Wilhelm Straße Straße/Gerwigstraße – Georg-Friedrich Straße als „Hotspots“, sowohl im positiven als auch im negativen Sinn, heraus. Aus diesen ersten Ergebnissen ergaben sich drei Schwerpunktthemen.
(Mehr) Raum für Begegnung – Bewegung – Beruhigung
Aus 1 mach 3: Die Teilprojekte
Aus all diesen Ergebnissen der Freiraumuntersuchung und den Kernpunkten aus dem BürgerProgramm entstand ein „Werkzeugkasten“. Es wurden drei Teilprojekte gebildet, die von Untergruppen an verschiedenen Lehrstühlen des KIT bearbeitet wurden und an denen sich neben dem R131-Team Studierende, Vertreter der Stadtverwaltung, BürgerInnen, Bewegungsanbieter in der Oststadt und Forschende des KIT beteiligt haben.
Vorhandene Räume neu denken: Das Teilprojekt „Linear Square“
Das Teilprojekt Linear Square an der Fakultät für Architektur beschäftigte sich mit der Qualität von Bewegungsräumen – Wegen, Straßen, Plätzen. Aus dem bestehenden Wegenetz der Oststadt sollte ein ganz besonderes Konzept entstehen: Ein linearer Platz! Meint: Einen Freiraum für Bewegung und Begegnung, der die Nachbarschaft verbindet und der von den Oststadt-BewohnerInnen aktiv, generationsübergreifend und nachhaltig genutzt wird. Sozusagen eine „Allmende“ direkt in der Stadt, die Gesundheit und Wohlbefinden, spielerische Aktivität und Aneignung ermöglicht.
Um die Vielzahl alltäglicher Bewegungen erfassen und über diese sprechen zu können, wurden der BewegungsPLANOststadt sowie Straßensteckbriefe erstellt. Gespräche mit OststadtbewohnerInnen ermöglichten die Erstellung individueller Bewegungsprofile von Nutzern. Zusätzlich fand an der Fakultät für Architektur das experimentelle Seminar „Wege/Gehen“ statt, innerhalb dessen thematische Spaziergänge durch die Oststadt erarbeitet wurden – z.B. „Gehen bei Nacht“ oder „Bewegung für Jung und Alt“. Genau hinsehen, lautete die Devise.
Freiräume gestalten: Das Teilprojekt „Mapping Space“
Um die Gestaltung und Wahrnehmung öffentlicher Plätze und Orte ging es beim Teilprojekt Mapping Space (ebenfalls Architekturfakultät), das 2016 bis 2017 mit ArchitekturstudentInnen durchgeführt wurde. Mit dem Ziel versteckte Potenziale von Straßen, Wegen, Plätzen, Grünflächen oder Höfen aufzudecken und den öffentlichen Raum neu zu inszenieren, entwickelten die Studierenden Geländespiele (Geocaching) für die Oststadt, landschaftsplanerische Gestaltungsideen für den Bernhardusplatz oder die Achse vom Gottesauer Platz bis zur Karl-Wilhelm-Straße und setzten sich auch theoretisch mit der Oststadt auseinander. Die Lehrveranstaltungen fanden abwechselnd im Zukunftsraum und am Fachbereich statt. Einige Zwischenpräsentationen wurden öffentlich abgehalten. Und auch die Studierenden wiederum nahmen an einem Oststadtpicknick teil und diskutieren dort ihre Ideen. Damit hat dieses Unterprojekt zwei Lernräume verknüpft: Die Uni –Lernort für die angehenden ArchitektInnen – und das Reallabor – Lernort für die Stadtgesellschaft. Den Reader mit den Ergebnissen der verschiedenen Übungen könnt ihr euch hier herunterladen. Für eine höhere Auflösung, wendet euch gern an uns. Eine gedruckte Version findet ihr außerdem bei uns im Zukunftsraum.
Gemeinsam in Bewegung: Das Teilprojekt „Netzwerk Bewegung“
Das Netzwerk Bewegung der Oststadt war Thema am Institut für Sport und Sportwissenschaften: Hier wurden die Bewegungsangebote, Bewegungsräume und Beziehungsstrukturen, der an Bewegung beteiligten Akteure, im Teilprojekt Netzwerk Bewegung genauer unter die Lupe genommen. Freie, alltägliche Formen der Bewegung und des Spielens waren dabei ebenso wichtig, wie organisierte, traditionelle Sportaktivitäten durch Sportvereine.
- Welche Sport- und Bewegungsmöglichkeiten bietet die Oststadt?
- Wer nutzt diese Bewegungsfreiräume und wofür?
- Wie ist diese Nutzung organisiert?
- Welche Beziehungen bestehen zwischen den Nutzern (z.B. Informationsaustausch, gemeinsame Organisation, Verleih von Sportgeräten oder ähnliches)?
Zudem wurden die Freiräume unter dem Gesichtspunkt „Alltagsbewegung“ betrachtet und die Fußgänger- und Fahrradfreundlichkeit im Quartier zur Diskussion gestellt (Walkability & Bikeability). In puncto Fußgängerfreundlichkeit können auch die Bürger selbst aktiv werden und mit der Walkability-Checkliste Verbesserungspotentiale in der Oststadt aufzeigen.
Der Mix macht’s! Mach mit!
Eines ist klar: Das R131-Projekt Soziales & Raum zeichnet sich vor allem durch den seinen Mix an Methoden und Beteiligten aus. Fächerübergreifend und mit unterschiedlichem Background, arbeiten Stadt, WissenschaftlerInnen, BürgerInnen und Studierende Hand in Hand und profitieren so vom Theorie- und Praxiswissen untereinander. Und genau das ist es doch, was das Reallabor ausmacht!
Daneben fanden auch kleinere Veranstaltungen im Quartier statt, die das Augenmerk auf den öffentlichen Freiraum lenken sollten. So hat das Quartier Zukunft 2014 und 2016 das „Freiluftwohnzimmer“ initiiert und teilgenommen. Getreu dem Motto „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“, können die StädterInnen bei der Aktion den öffentlichen Freiraum zurückerobern und nebenbei ihre Nachbarn bei Kaffee und Kuchen vor der Haustür besser kennenlernen.
Wir wollen auch zukünftig zu den Themen Gemeinschaft und (Frei)Raum in der Oststadt aktiv sein. Bei der Frage wie das aussehen könnte, seid Ihr und Eure Ideen gefragt! Die Aktivitäten des R131-Projekts Soziales & Raum sind zum Großteil abgeschlossen, unser Engagement in dieser Hinsicht aber noch lange nicht!
Du hast auch eine Idee oder einen Wunsch, wie deine Oststadt als sozialer Raum noch besser werden kann? Wir suchen immer kreative Köpfe die aktiv werden wollen! Meldet Euch einfach bei uns (Ansprechpartnerin ist Helena Trenks: helena.trenks@kit.edu) oder kommt zu unseren Öffnungszeiten im Zukunftsraum vorbei.