Kleine PV-Anlagen, große Wirkung: Rückblick auf „Dein BalkonNetz“

Ein innovatives Projekt für nachhaltige Energiegewinnung

Im Sommer 2021 wurden insgesamt 22 private Haushalte in Karlsruhe mit kompakten PV-Balkonmodulen kostenfrei ausgestattet. Das Realexperiment „Dein BalkonNetz – Energie schafft Gemeinschaft“ wurde nach über drei Jahren Laufzeit im Herbst 2024 erfolgreich abgeschlossen. Ein wissenschaftliches Team vom Karlsruher Transformationszentrum für Nachhaltigkeit und Kulturwandel (KAT) hat das Projekt forscherisch begleitet. Wir blicken zurück auf Erfahrungswerte, Erfolge und Erträge.

Grafik mit Balkon, Solarpanel und Schriftzug „Dein Balkonnetz – Energie schafft Gemeinschaft“.

Photovoltaik-Balkonmodule sind kostengünstige PV-Anlagen, die mit einem gewöhnlichen Stecker an den Stromkreislauf angeschlossen werden. So können auch Haushalte ohne eigene Solaranlage auf dem Dach vom Sonnenstrom profitieren und sind daher vor allem für Mietende interessant.

Helena Trenks, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Quartier Zukunft, erklärt das Ziel des Realexperiments: „Wir wollten Balkonmodule unter realen Bedingungen testen, als eine Form der nachhaltigen Energiegewinnung. Außerdem haben wir die Auswirkung auf den Alltag und das Umfeld der teilnehmenden Personen untersucht. Dabei spielten auch soziale Aspekte, wie Chancengleichheit und Gemeinschaft, eine wichtige Rolle“.

Die Auswahl der Teilnehmenden: Diversität als Schlüssel

Schon vor dem Projektstart war das Interesse groß. Die Infoveranstaltungen waren gut besucht und Viele wollten beim Projekt mitwirken. Um den Kreis der teilnehmenden Personen möglichst vielfältig zu gestalten, wurden insbesondere im Energiebereich unterrepräsentierte Gruppen ausgewählt, wie beispielsweise Frauen, Mietende, Urbane Gärtner:innen und technisch weniger versierte Personen.

Von der Theorie zur Praxis

Den Auftakt des Projekts bildete ein Aufbau-Workshop, in dem die Teilnehmenden lernten wie ihr PV-Balkonmodul funktioniert und installiert wird, zudem gab es praktische Tipps zum Betrieb. So ist etwa je nach Stockwerk und Balkonlage des Haushalts ein anderer Aufstellwinkel des Moduls sinnvoll und dieser kann individuell eingestellt werden, um das Bestmögliche aus der Sonnenleistung herauszuholen. Die Teilnehmenden konnten so ihre Module im Anschluss schnell installieren.

Solarmodul auf einem Balkon mit Pflanzen und gedecktem Tisch bei Sonnenuntergang

Gruppe von Menschen bei einem Workshop zu PV-Solarmodulen im Außenbereich.

Menschen vor dem Zukunftsraum für Nachhaltigkeit und Wissenschaft.

„Der Workshop war nicht nur zweckmäßig,“ erinnert sich Helena. „Es war total schön zu erleben, wie sich die Personen in lockerer Atmosphäre kennenlernten und direkt beim Bauen ins Gespräch kamen.“ Um den aktiven Austausch unter den Teilnehmenden auch während des Projekts zu fördern, bot das wissenschaftliche Team vom Quartier Zukunft in regelmäßigen Abständen weitere Workshops an.

Anfängliche Hindernisse durch Bürokratie

Auf die Installation der Module folgte zunächst ein Anmeldeverfahren bei den Stadtwerken und im Marktstammregister. Eine Teilnehmerin erinnert sich an einen Haufen Papierkram: „Das hat mich richtig geärgert“. Denn sie weiß, dass es zum Beispiel in Holland, bei ihrer Tante, deutlich schneller ging. Dort schließe man die Anlage einfach ans Stromnetz an und müsse nicht auf die Installation eines neuen Zweirichtungszählers warten. 

Menschen bei einem Workshop im Zukunftsraum.

Gruppendiskussion mit Moderator vor Whiteboards und Pinnwänden im Zukunftsaum.

Auch ein anderer Teilnehmer hat ähnliche Erfahrungen gemacht: „Der Antrag war sehr aufwendig, da muss man irgendwie durch.“ Inzwischen gestaltet es sich deutlich einfacher, da mit dem Solarpaket I der Bundesregierung die vorherige Anmeldepflicht der Anlagen beim Netzbetreiber entfällt.

Solarstrom vom eigenen Balkon

Der erste Sonnenstrom floss dann doch schnell und die Teilnehmenden haben mit den Balkonmodulen in ihrer Nachbarschaft viel Aufmerksamkeit erregt. Viele haben interessiert nachgefragt wie das funktioniert und wie hoch die Kosten und die Ersparnisse seien. Zunächst gab es auch Bedenken, insbesondere in Sachen Sicherheit. Doch nach einiger Zeit gab es die ersten Nachahmer und die Nutzung der Balkonmodule auch in anderen Haushalten nahm deutlich zu.

Vergleich von Balkon PV-Anlagen an Haus von März 2022 bis Mai 2023.

Eine weitere Teilnehmerin berichtet, dass sich ihre Einstellung zu Energie und Stromverbrauch durch das „BalkonNetz“ verändert hat. Davor hat sie nie überprüft wie viel Strom sie verbraucht. Doch mit der App macht es ihr nun richtig Spaß den Stromverbrauch im Blick zu haben – am meisten an sonnenreichen Tagen. Sie hat zudem ihre Routinen im Alltag angepasst und schaltet die Spülmaschine nur noch tagsüber an und föhnt sich nicht gleichzeitig die Haare, um den Solarstrom optimal zu nutzen.

Zwar sind sich die Teilnehmenden einig, dass ein Mini-PV-Modul für eine vierköpfige Familie zu klein ist, um den ganzen Strombedarf zu decken. Trotzdem sparen sie mit dem Gerät sowohl Stromkosten als auch Ressourcen ein und sie möchten nicht mehr auf ein PV-Modul verzichten.

Energiedaten im Überblick: Erträge und Einsparungen

Der Ertrag der 22 PV-Balkonmodule variierte je nach Jahreszeit. Im Winter, bedingt durch die geringere Sonneneinstrahlung, lag der durchschnittliche Monatsertrag von dem gesamten Projektzeitraum bei nur 7,19 kWh. Im Sommer hingegen, mit deutlich mehr Sonnenstunden, konnten die Module im Durchschnitt 28,11 kWh pro Monat erzeugen. Der höchste Monatswert wurde mit einem Modul im August 2024 erreicht: 47,67 kWh. Der niedrigste Wert lag bei lediglich 0,1 kWh im November 2022. Insgesamt hat das Projekt seit seinem Beginn rund 8 Tonnen Treibhausgase eingespart.

Fazit: Balkonmodule als Schlüssel zur Energiewende

Die Module haben zum einen den Teilnehmenden geholfen, ihre Energieverbräuche nachhaltiger zu gestalten. Des Weiteren sind sie ein wichtiger Schlüssel, um die Energiewende auf individueller Ebene voranzutreiben, indem das Thema im Alltag präsenter wird. Viele Teilnehmende berichten, dass die Module dauerhaft ihre Einstellung zur Energiewende positiv verändert haben. „Wenn immer mehr Menschen auf diese kostengünstige und flexible Lösung setzen, könnte sich das positiv auf die gesamte Gemeinschaft und die Umwelt auswirken“, fasst Helena das Potenzial der Module zusammen.

Das Projekt „Dein BalkonNetz – Energie schafft Gemeinschaft“ zeigt, wie einfache, aber effektive Maßnahmen zur Energiegewinnung auch ohne große Investitionen einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten können. Das „BalkonNetz“ wurde wissenschaftlich begleitet von Helena Trenks, Volker Stelzer, Marius Albiez und Jonas Meier-Arendt vom Quartier Zukunft. Das Reallabor Quartier Zukunft ist am Institut ITAS beheimatet und wird vom Karlsruher Transformationszentrum (KAT) betrieben.

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden für’s Mitmachen bei unserem Realexperiment!