Konzept und Ziele
Mit der Idee und dem Konzept „Quartier Zukunft – Labor Stadt“ von Oliver Parodi fing 2011 alles an. Wissenschaft und Gesellschaft suchen, erproben und erforschen gemeinsam, wie in einem Stadtquartier eine Kultur der Nachhaltigkeit entstehen und gelebt werden kann.
Das gute Leben der Zukunft ausprobieren.
„Quartier Zukunft – Labor Stadt“ ist ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), das ein ganzes Stadtquartier und seine Menschen fit machen will für die Zukunft. Gefragt wird: Wie können wir heute und morgen in der Stadt gut leben – und dabei Mitwelt, Umwelt und Nachwelt achten? Dabei soll das, was ist, nicht großflächig neu gemacht, sondern im Miteinander von Bürgerschaft, Wissenschaft, Politik und Privatwirtschaft behutsam umgewandelt werden.
Pionier-Ideen ins Spiel bringen.
Die nachhaltige Stadtentwicklung als eine der drängendsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wird dabei mit kreativen Strategien vorangebracht: Zukunftsweisende Pionier-Ideen werden geprüft, weiterentwickelt und ausprobiert, alternative Lebensentwürfe unter die Lupe genommen, technische und gesellschaftliche Innovationen ins Spiel gebracht.
Eine lebendige Kultur der Nachhaltigkeit.
Während viele Menschen beim Thema Nachhaltigkeit vor allem an Verzicht oder Effizienz denken, geht es bei Quartier Zukunft – Labor Stadt um das Schaffen neuer Lebensqualitäten für die Menschen im Viertel: Die Stadt wird angetippt und ermutigt zu einer Kultur der Nachhaltigkeit, die im Fühlen, Denken und Handeln ins Leben der Menschen kommt. Basis dafür ist ein Nachhaltigkeitsverständnis, das eine globale, generationenübergreifende Gerechtigkeit ins Zentrum des Handelns stellt.
Die MacherInnen? Alle.
Die Zukunft hat mit uns zu tun und geht uns etwas an. Darum passiert in der Karlsruher Oststadt Stadtentwicklung zum Mitanpacken. Die Kraft, die das Ganze bewegt, ist die Teilnahme, die Partizipation der Stadtgesellschaft. Quartier Zukunft – Labor Stadt funktioniert dabei als kreative Plattform, ist Experimentierraum und Sprungbrett für eine Vielzahl von Projekten mit Nachhaltigkeitsaspekt. Die eigentlichen MacherInnen des Wandels sind also die KarlsruherInnen selbst, ihre Vereine, Unternehmen, Schulen und Initiativen mit jeweils ganz eigenen Projektideen. Eingeladen zum Mitmachen sind alle.
Stadtgesellschaft trifft KIT trifft Stadtgesellschaft.
Das Zusammenwirken von Wissenschaft und Stadtgesellschaft, von wissenschaftlichem und praktischem Wissen macht die Handlungsspielräume der Menschen größer: Das KIT öffnet sich für die Region, wird mit seinem Wissen nützlich und greifbar für die Nachbarschaft. Und die BürgerInnen tragen als ExpertInnenteam für lokal anstehende Aufgaben entscheidende Impulse aus dem Leben hinein in die Institution.
Alles hat miteinander zu tun.
Das wissenschaftliche Team des Quartier Zukunft koordiniert und moderiert die Nachhaltigkeitsarbeit im Viertel und begleitet sie forscherisch. Betrachtet wird dabei die Gesamtheit des Stadtlebens, wie es den QuartiersbewohnerInnen tagtäglich begegnet: Bereiche wie Wirtschaft und Konsum, Arbeit, Bildung oder Ernährung werden als miteinander verwoben in den Blick genommen und integrativ bearbeitet. Alles hat miteinander zu tun, alles ist wichtig. Fachspezifisches Denken wird aufgebrochen und durch transdisziplinäre Methoden ersetzt: UmweltwissenschaftlerInnen beraten sich mit den OststädterInnen, Fachleute für Städtebau sitzen an einem Tisch mit MigrationsforscherInnen, SoziologInnen diskutieren mit ExpertInnen für Mobilität. Auf diese Weise werden neue, potenziell nachhaltige Ideen für verschiedene Lebensbereiche an einem Ort miteinander in Berührung gebracht. Und während die Nachhaltigkeit im Quartier nach und nach dichter gewebt wird, können Fäden übergeben, Zielkonflikte erkannt und Lösungen gefunden werden.
Nachhaltigkeit zum Nachmachen. Quartier Zukunft als europäisches Modell.
Man geht davon aus, dass im Jahr 2050 rund zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben wird. Darum macht es Sinn, Nachhaltigkeit genau hier, im Stadtraum, auszuprobieren. Die Karlsruher Oststadt als gewachsenes, typisch europäisches Quartier kann dabei Modell sein für andere urbane Lebensräume in Europa. Die Vielfalt und Vielschichtigkeit des Zusammenlebens im Viertel ist dabei das eigentliche Ass im Ärmel: Städtebaulich und räumlich finden sich ganz unterschiedliche Strukturen, Menschen mit verschiedensten Hintergründen und Lebensentwürfen kommen zusammen und machen miteinander Gesellschaft. Die Karlsruher Oststadt wird zum dichten Mikrokosmos, der komplexe Zusammenhänge und große Fragen im Kleinen bearbeitbar macht.
Ein integratives Konzept nachhaltiger Entwicklung aus Karlsruhe.
Quartier Zukunft – Labor Stadt nimmt die nachhaltige Entwicklung als von den Vereinten Nationen entwickeltes Leitbild ernst. Ausgangspunkt des Projekts ist dabei das Integrative Konzept nachhaltiger Entwicklung, ein wissenschaftliches und ethisches Konzept, das die Helmholtz-Gemeinschaft am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) in Karlsruhe entwickelt hat. Es berücksichtigt in gleichem Maße die heutigen und die in Zukunft lebenden Generationen und verknüpft das Denken in weltweiten Zusammenhängen mit dem Handeln vor Ort. Hauptziele sind, die menschliche Existenz und eine Grundversorgung aller Menschen zu sichern, das gesellschaftliche Potenzial, Produkte und Dienstleistungen herstellen zu können zu erhalten sowie die Entwicklungs- und Handlungsmöglichkeiten von Menschen und Gesellschaften zu bewahren. Dabei muss jede Gesellschaft letztlich für sich entscheiden, wie sie nachhaltige Entwicklung gestalten möchte.
Der urbane Raum ist vielfältig. Die Themen im Quartier Zukunft – Labor Stadt sind es auch.
Einzelne Bereiche städtischen Lebens werden im Zusammenhang gedacht und im Kontext nachhaltiger Entwicklung bearbeitet. Das Quartier Zukunft betreibt nachhaltige Stadtentwicklung in den folgenden Themenfeldern:
Stadt im Klimawandel
Städte sind Hauptverursacher und Hauptleidtragende des Klimawandels. Es gilt, mit Wetterextremen wie Hitze und Starkregen umzugehen und zugleich unser Handeln klimaverträglicher zu gestalten.
Urbane Energielandschaften
Städte sind ressourcenhungrig und produzieren zu viel CO2. Wir können das ändern: mittels innovativer Technologie, der Nutzung erneuerbarer Energien und der Erprobung einer Lebensweise, die ohne den übermäßigen Verbrauch von Gütern und Ressourcen funktioniert.
Konsum in der Stadt
Kaufen hat eine Wirkung – auf Mitwelt, Umwelt, Nachwelt und uns selbst. Wir wollen dazu beitragen, Konsum bewusst, nachhaltig und lokaler zu gestalten und an Kulturtechniken wie Tausch und Reparatur erinnern.
Wertewandel Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist erstmal ein Wort. Hier im Quartier wollen wir es mit Leben füllen, alltagstauglich, denkbar und „gebrauchbar“ machen. Unser Ziel: Eine lebendige Kultur der Nachhaltigkeit.
Wohnen in der Stadt
Wohnen in der Stadt wirft ganz eigene Fragestellungen auf, etwa im Zusammenhang mit Gentrifizierung oder fehlendem sozialen Zusammenhalt. Im Quartier denken wir urbane Nachbarschaft neu und erproben zukunftsweisende Wohn- und Gemeinschaftsformen. Auch im Spannungsfeld zwischen energetischer Sanierung und Denkmalschutz suchen wir nach guten Lösungen.
Gesunde Stadt
Unter nachhaltigen Gesichtspunkten ist die gesunde Stadt ein Ort, der Räume für Bewegung, Ruhe und Teilnahme bereithält. Es muss dort möglich sein, zu atmen und zu essen, ohne die Gesundheit zu gefährden – in einem Umfeld, das auch seelisch gut tut.
Mobile Stadt
Das Unterwegssein in der Stadt belastet zu oft Umwelt und Nerven. Wir denken nach über ein Mobilitätskonzept, das auf Fahrräder, smarte Verkehrsleitsysteme und kollektive Verkehrsmittel setzt.
Sozial gerechte Stadt
Wer hat die Möglichkeit zur Teilhabe an einer Stadtzukunft? Wer nicht und aus welchem Grund? Wir beschäftigen uns mit Hürden und Barrieren, die Menschen von Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen im Quartier ausschließen. Und suchen Auswege.
Stadt im Postwachstum
Weil die Ressourcen unseres Planeten endlich sind, kann ein wachstumsorientiertes Wirtschaftssystem auf Dauer nicht funktionieren. Wir denken darüber nach, wie das gute Leben in einer städtischen Postwachstumsgesellschaft aussehen könnte.
Kreislaufstadt
Städte, wie sie heute funktionieren, verursachen Unmengen Müll. Wir wollen uns der Kreislaufstadt von morgen nähern, in der Abfall Ressource ist und zum Rohstoff für neue Produkte wird.
Gebaute Stadt
Die Karlsruher Oststadt gibt es schon, man muss sie nicht neu bauen. Stadtentwicklung sollte deshalb auf Basis des gewachsenen Miteinanders vor Ort passieren – um das, was ist, gemeinsam weiterzuerzählen.
Wirtschaften in der Stadt
Wir machen uns Gedanken darüber, wie nachhaltiges Wirtschaften in der Stadt funktionieren kann. Lokale Auswirkungen der globalisierten, wachstumsbasierten Wirtschaftsweise werden in den Blick genommen und alternative Ideen gesucht, beforscht und ernst genommen.
Stadttechnologie
Unsere Idee: Die Stadtgesellschaft näher heranholen an die „Wissensfabrik“ KIT. Smarte Innovationen zu Themen wie nachhaltige Mobilität oder erneuerbare Energie können so prompt dem Quartier zugutekommen.
Stadt gestalten
An der Zukunft der eigenen Stadt mitwirken zu können, empfinden wir als grundlegend für ein urbanes Konzept des guten Lebens. Dabei geht es uns darum, Möglichkeitsräume des Mitgestaltens zu schaffen und zu erhalten. Damit meinen wir auch: ganz konkrete Orte und Plätze im Viertel.